Lang, kurz, gewellt, glatt – Hun­de­fell kann so unter­schied­lich sein. Eines haben schwarze, braune, blonde und weiße Hunde aber gemein­sam: Ihr Fell wächst nur bis zu einem gewis­sen Punkt, oder besser gesagt einer gewis­sen Länge. Nur wenige Rassen bilden hier eine Aus­nahme: die sieben Ver­tre­ter der Was­ser­hunde und der Puli. Ihr Fell wächst stetig weiter und ver­filzt, wes­we­gen es regel­mä­ßig gescho­ren werden muss. Doch wie genau wachsen Hundehaare eigentlich?

Phase 1: Anagen

Eine schematische Darstellung der drei Wachstumsphasen eines HundehaaresDie Antwort liegt in der Art des Haar­wachs­tum: Hun­de­haare wachsen zyklisch, wie zum Bei­spiel die Bein­be­haa­rung beim Men­schen. Der Zyklus beginnt mit der soge­nann­ten Wachs­tums­phase, fach­sprach­lich Anagen. In dieser Phase wachsen die Haare, bis sie ihre ange­strebte Länge erreicht haben. Dafür verantwortlich ist das Haar­fol­li­kel. Es bildet die Ein­stül­pung der Haut, in welcher die Haar­wur­zel ver­an­kert ist. Diese ist mit Drüsen ver­bun­den, welche Talg oder auch Duft­stoffe pro­du­zie­ren und damit für den Hund, sein Fell und seine Kom­mu­ni­ka­tion mit anderen Hund mittels des Geruchs von ent­schei­den­der Bedeu­tung sind.


Im unteren Fol­li­kel­be­reich befin­det sich der Ansatz­punkt der Musculi arrec­to­res pilorum, der Haar­balg­mus­keln. Sie ermög­li­chen es dem Hund, seine Haare auf­zu­stel­len. Auch feine Ner­ven­fa­sern enden im Haar­fol­li­kel.

Für das Haar­wachs­tum ist vor allem ent­schei­dend, dass die Haar­wur­zeln hier die not­wen­di­gen Nähr­stoffe erhal­ten, um die Haare in voller Pracht aus­bil­den zu können.

Die Dauer der ana­ge­nen Phase hängt von vielen Fak­to­ren ab, bei­spiels­weise der Jah­res­zeit und der Wit­te­rung, der Ernäh­rung und dem Gesund­heits­zu­stan­des. Beim Hund ist vor allem die Jah­res­zei­t ausschlaggebend, was durch die üblichen zwei Fellwechsel pro Jahr deutlich wird. Je nach Wit­te­rung erfolgt der erste Fell­wech­sel etwa im Mai, der zweite etwa im Sep­tem­ber. In den wenigen Wochen des Fell­wech­sels wirft der Hund sein Fell aber nicht nur ab, sondern baut es auch voll­stän­dig wieder auf. Die anagene Phase zum Wiederaufbau dauert also wenige Wochen.

Phase 2: Catagen

Auf die Wachs­tums­phase folgt die Über­gangs­phase, fach­sprach­lich Catagen. Während dieser stoppt die Zell­tei­lung, das Haar hört auf zu wachsen. Nach und nach schrumpft das Fol­li­kel, die Haar­wur­zel trennt sich von ihrer Nähr­stoff­ver­sor­gung und beginnt eben­falls zu schrump­fen. Das Haar berei­tet sich darauf vor, aus­zu­fal­len.

All­ge­mein lässt sich die Dauer der Über­gangs­phase nur schwer fest­set­zen und unter­schei­det sich von Haartyp zu Haartyp. Flaum­haare (bilden der Unter­wolle) bei­spiels­weise durch­lau­fen den gesam­ten Wachs­tums­zy­klus inner­halb eines Monats, sodass ihre cata­gene Phase nicht länger als zwei Wochen andau­ern kann. Bei Tast­haa­ren hin­ge­gen scheint diese Phase beson­ders lange anzu­dau­ern. Sie fallen erfah­rungs­ge­mäß weit weniger häufig als Deck­haar oder Unter­wolle aus, auch wenn sie ihre volle Länge schon lange erreicht haben.

Phase 3: Telogen

Die Ruhe­phase – fach­sprach­lich Telogen genannt – bildet den Abschluss des zykli­schen Haar­wachs­tums. Das Haar hat sich inzwi­schen voll­ends von seiner Wurzel getrennt und wird nur noch lose im Fol­li­kel gehal­ten, bis es schließ­lich aus­fällt. Diese Phase ist kaum noch in Zeit zu messen, da sie eigent­lich nicht mehr als das Aus­fal­len des Haares, even­tu­ell noch ein paar Tage Ver­bleib des bereits abge­stor­be­nen Haares im Fol­li­kel, beschreibt. Beson­ders stark fällt diese Phase beim Hund auf, wenn der Fell­wech­sel ansteht. Bei manchen Vier­bei­nern ent­steht in dieser Zeit der Ein­druck, sie würden ihre Haare kilo­weise abwer­fen.

Bereits während der Ruhe­phase kann die nächste Wachs­tums­phase begin­nen. Das ver­hin­dert, dass der Hund selbst im Fell­wech­sel, bei dem er in recht kurzer Zeit nahezu sein gesam­tes Fell aus­tauscht, kahle Stellen bekommt. Beim Men­schen gibt es kein ver­gleich­ba­res Phä­no­men.

Nice to Know – was Sie noch über die Haare Ihres Hundes wissen sollten…

  1. Benach­barte Haare durch­lau­fen den Zyklus nie syn­chron, sondern immer zeit­ver­setzt. So werden kahle Stellen ver­mie­den. Das gilt auch für die Zeit des Fell­wech­sels. Dieser ist übri­gens ein Über­bleib­sel der wild leben­den Vor­fah­ren des Hundes, deren Fell sich jah­res­zeit­lich bedingt an unter­schied­li­che Wit­te­rungs­ver­hält­nisse anpas­sen musste. Dieser Vorgang ist für den Körper sehr anst­ren­gend und erhöht des­we­gen bei Lang­haar­hun­den mit dickem Fell den Ener­gie­be­darf während des Fell­wech­sels um bis zu 20 Prozent.
  2. Deck­haar und Unter­wolle sind eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Sie teilen sich Follikel und Wachs­tums­zy­klus. Das aus den Gran­nen­haa­ren zusam­mengesetzte Deckhaar (auch Primärhaar) ist fester. Die Unter­wolle (auch Sekundärhaar) besteht aus den wei­che­ren und kür­ze­ren Flaum­haa­ren. Farb­un­ter­schiede zwischen beiden sind möglich, auch wenn sie derselben Einstülpung entstammen: Sie umgeben das Gran­nen­haar als eine dicht bei­ein­an­der ste­hende Gruppe flau­schi­ger Ein­zel­haare.
  3. Die Wachs­tums­dauer der Haare kann sich je nach Fell­länge des Hundes unter­schei­den. Logi­scher Weise ist die anagene Phase bei einem ein Zen­ti­me­ter langen Haar wesent­lich kürzer als bei einem zehn Zen­ti­me­ter langen. Das Alter des Hundes hin­ge­gen spielt keine Rolle. Bereits Welpen mit ihrem typi­schen Flaum durch­lau­fen noch vor Erhalt ihres „Erwach­se­nen­fells“ den voll­stän­di­gen Zyklus mit Anagen, Catagen und Telogen.
    Es ist vor­wie­gend das Deck­haar, welches der Hund beim Fell­stel­len auf­rich­tet. Da es über der Unter­wolle liegt, ist es im Beson­de­ren für den Schutz vor Schmutz und Nässe ver­ant­wort­lich.
  4. Der Fell­wech­sel wird durch che­mi­sche Reak­tio­nen aus­ge­löst. Der Körper des Hundes reagiert auf die ver­stärkte bezie­hungs­weise abneh­mende Son­nen­ein­strah­lung in Früh­ling und Herbst. Er gibt den Fol­li­keln dar­auf­hin ein ent­spre­chen­des Signal, das Haar­kleid abzu­wer­fen (Früh­jahr) oder zu ver­dich­ten (Herbst). Durch das Leben im Haus und damit unter weniger Wit­te­rungs­ein­flüs­sen kann dieser Zyklus durch­ein­an­der geraten, sodass manche Hunde nicht mehr zwei Mal jähr­lich ihr ganzes Fell wech­seln, sondern ver­teilt über das ganze Jahr Stück für Stück – ähnlich dem Men­schen.

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