Lang, kurz, gewellt, glatt – Hundefell kann so unterschiedlich sein. Eines haben schwarze, braune, blonde und weiße Hunde aber gemeinsam: Ihr Fell wächst nur bis zu einem gewissen Punkt, oder besser gesagt einer gewissen Länge. Nur wenige Rassen bilden hier eine Ausnahme: die sieben Vertreter der Wasserhunde und der Puli. Ihr Fell wächst stetig weiter und verfilzt, weswegen es regelmäßig geschoren werden muss. Doch wie genau wachsen Hundehaare eigentlich?
Phase 1: Anagen
Die Antwort liegt in der Art des Haarwachstum: Hundehaare wachsen zyklisch, wie zum Beispiel die Beinbehaarung beim Menschen. Der Zyklus beginnt mit der sogenannten Wachstumsphase, fachsprachlich Anagen. In dieser Phase wachsen die Haare, bis sie ihre angestrebte Länge erreicht haben. Dafür verantwortlich ist das Haarfollikel. Es bildet die Einstülpung der Haut, in welcher die Haarwurzel verankert ist. Diese ist mit Drüsen verbunden, welche Talg oder auch Duftstoffe produzieren und damit für den Hund, sein Fell und seine Kommunikation mit anderen Hund mittels des Geruchs von entscheidender Bedeutung sind.
Im unteren Follikelbereich befindet sich der Ansatzpunkt der Musculi arrectores pilorum, der Haarbalgmuskeln. Sie ermöglichen es dem Hund, seine Haare aufzustellen. Auch feine Nervenfasern enden im Haarfollikel.
Für das Haarwachstum ist vor allem entscheidend, dass die Haarwurzeln hier die notwendigen Nährstoffe erhalten, um die Haare in voller Pracht ausbilden zu können.
Die Dauer der anagenen Phase hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise der Jahreszeit und der Witterung, der Ernährung und dem Gesundheitszustandes. Beim Hund ist vor allem die Jahreszeit ausschlaggebend, was durch die üblichen zwei Fellwechsel pro Jahr deutlich wird. Je nach Witterung erfolgt der erste Fellwechsel etwa im Mai, der zweite etwa im September. In den wenigen Wochen des Fellwechsels wirft der Hund sein Fell aber nicht nur ab, sondern baut es auch vollständig wieder auf. Die anagene Phase zum Wiederaufbau dauert also wenige Wochen.
Phase 2: Catagen
Auf die Wachstumsphase folgt die Übergangsphase, fachsprachlich Catagen. Während dieser stoppt die Zellteilung, das Haar hört auf zu wachsen. Nach und nach schrumpft das Follikel, die Haarwurzel trennt sich von ihrer Nährstoffversorgung und beginnt ebenfalls zu schrumpfen. Das Haar bereitet sich darauf vor, auszufallen.
Allgemein lässt sich die Dauer der Übergangsphase nur schwer festsetzen und unterscheidet sich von Haartyp zu Haartyp. Flaumhaare (bilden der Unterwolle) beispielsweise durchlaufen den gesamten Wachstumszyklus innerhalb eines Monats, sodass ihre catagene Phase nicht länger als zwei Wochen andauern kann. Bei Tasthaaren hingegen scheint diese Phase besonders lange anzudauern. Sie fallen erfahrungsgemäß weit weniger häufig als Deckhaar oder Unterwolle aus, auch wenn sie ihre volle Länge schon lange erreicht haben.
Phase 3: Telogen
Die Ruhephase – fachsprachlich Telogen genannt – bildet den Abschluss des zyklischen Haarwachstums. Das Haar hat sich inzwischen vollends von seiner Wurzel getrennt und wird nur noch lose im Follikel gehalten, bis es schließlich ausfällt. Diese Phase ist kaum noch in Zeit zu messen, da sie eigentlich nicht mehr als das Ausfallen des Haares, eventuell noch ein paar Tage Verbleib des bereits abgestorbenen Haares im Follikel, beschreibt. Besonders stark fällt diese Phase beim Hund auf, wenn der Fellwechsel ansteht. Bei manchen Vierbeinern entsteht in dieser Zeit der Eindruck, sie würden ihre Haare kiloweise abwerfen.
Bereits während der Ruhephase kann die nächste Wachstumsphase beginnen. Das verhindert, dass der Hund selbst im Fellwechsel, bei dem er in recht kurzer Zeit nahezu sein gesamtes Fell austauscht, kahle Stellen bekommt. Beim Menschen gibt es kein vergleichbares Phänomen.
Nice to Know – was Sie noch über die Haare Ihres Hundes wissen sollten…
- Benachbarte Haare durchlaufen den Zyklus nie synchron, sondern immer zeitversetzt. So werden kahle Stellen vermieden. Das gilt auch für die Zeit des Fellwechsels. Dieser ist übrigens ein Überbleibsel der wild lebenden Vorfahren des Hundes, deren Fell sich jahreszeitlich bedingt an unterschiedliche Witterungsverhältnisse anpassen musste. Dieser Vorgang ist für den Körper sehr anstrengend und erhöht deswegen bei Langhaarhunden mit dickem Fell den Energiebedarf während des Fellwechsels um bis zu 20 Prozent.
- Deckhaar und Unterwolle sind eng miteinander verbunden. Sie teilen sich Follikel und Wachstumszyklus. Das aus den Grannenhaaren zusammengesetzte Deckhaar (auch Primärhaar) ist fester. Die Unterwolle (auch Sekundärhaar) besteht aus den weicheren und kürzeren Flaumhaaren. Farbunterschiede zwischen beiden sind möglich, auch wenn sie derselben Einstülpung entstammen: Sie umgeben das Grannenhaar als eine dicht beieinander stehende Gruppe flauschiger Einzelhaare.
- Die Wachstumsdauer der Haare kann sich je nach Felllänge des Hundes unterscheiden. Logischer Weise ist die anagene Phase bei einem ein Zentimeter langen Haar wesentlich kürzer als bei einem zehn Zentimeter langen. Das Alter des Hundes hingegen spielt keine Rolle. Bereits Welpen mit ihrem typischen Flaum durchlaufen noch vor Erhalt ihres „Erwachsenenfells“ den vollständigen Zyklus mit Anagen, Catagen und Telogen.
Es ist vorwiegend das Deckhaar, welches der Hund beim Fellstellen aufrichtet. Da es über der Unterwolle liegt, ist es im Besonderen für den Schutz vor Schmutz und Nässe verantwortlich. - Der Fellwechsel wird durch chemische Reaktionen ausgelöst. Der Körper des Hundes reagiert auf die verstärkte beziehungsweise abnehmende Sonneneinstrahlung in Frühling und Herbst. Er gibt den Follikeln daraufhin ein entsprechendes Signal, das Haarkleid abzuwerfen (Frühjahr) oder zu verdichten (Herbst). Durch das Leben im Haus und damit unter weniger Witterungseinflüssen kann dieser Zyklus durcheinander geraten, sodass manche Hunde nicht mehr zwei Mal jährlich ihr ganzes Fell wechseln, sondern verteilt über das ganze Jahr Stück für Stück – ähnlich dem Menschen.
Wunderbar.
Ein guter Text welchen du geteilt hast.
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Man sollte hier aber erwähnen, dass nicht jeder Rasse haart beim Fellwechsel. Für Hunde vom Bichon-Typ wie Malteser, Havaneser, Bolonka Zwetna & Co, die keinen typischen Fellwechsel unterliegen, kann ständiges Fell kurzen oder sogar Fell rasur verheerende Folgen für das wunderschönes Fell haben. Die Unterwolle gewinnt ständig die „ober Hand“ und die Hunde sehen wie ein Wattepompon aus, was dazu wiederum führt. …man schneidet das Fell aus Verzweiflung wieder kurz, es ist dann auch ein Teufelskreis. Ich spreche aus Erfahrung, nach 1,5 Jahren harten Kampf mit der Unterwolle sehen endlich meine Hunde Rassentypisch aus und brauchen nur 2x in der Woche gebürstet und gekämmt werden.
Hallo,
ich fürchte, ich kann nicht ganz folgen: Wie wäre ein Fellwechsel ohne das Verlieren von Haaren denn möglich?
Es gibt Rassen, die wohl nicht oder kaum haaren, beispielsweise Pudel. Sie müssen entsprechend geschoren werden. In einem anderen Beitrag wird das Scheren etwas ausführlicher behandelt (https://vitaler-hund.de/haltung/fellpflege/). Ich kann also nur beipflichten: Es gibt Hunde oder besser gesagt Fellarten, die für eine Schur einfach nicht geeignet sind. Hautprobleme oder „merkwürdiges“ bis ungesundes Haarwachstum können die Folge sein.
Liebe Grüße
Wenn ich das richtig verstehe, ist es also nicht so, dass Hundefell immer mehr und dichter wird, je öfter ein Hund geschoren wird? Stattdessen ist die Anzahl der Follikel und die Beschaffenheit immer gleich und lediglich von den verschiedenen Stadien abhängig? Diese Diskussion hatte ich mit einer Nachbarin, die ihren Tibet nicht scheren will, weil sich dann das Fell verändern würde. Ihre Züchterin sagt, es würde dann mehr und dicter werden. Es gäbe auch Hunde, die bekämen mehr Locken als vorher oder weniger, wenn sie vorher welche hatte.
Ich halte das alles ja für Ammenmärchen.
Wie ist das denn beim Pudel? Würde mein Pudelchen sich irgendwie im Fell verändern durch Schur? Ich halte sie meist langhaarig und schneide nur einmal im Sommer.
Hallo,
da gibt es wirklich viele verschiedene Ansichten. Es kommt da nämlich weniger auf das an, was tatsächlich ist, als auf das, was ich sehe.
Ein typisches Beispiel beim Menschen: Rasur der Beine. Wer sonst sehr zarte, kaum sichtbare Haare hat, kann die durch eine Rasur deutlicher sichtbar und fester machen. Das hat mit dem Haar nicht viel zu tun, sondern damit, dass es durch die Rasur aufgestellt und schräg abgeschnitten wird. Ähnlich ist es beim Kopfhaar: Aus Naturwellen können Locken werden, wenn man sich sein Haar kurz schneidet. Denn zieht weniger Gewicht an den Haaren, hält sie auch weniger glatt. Auch spielen sonstige Wirbel und Wellen eine große Rolle dabei, wie wir unser Haar sehen und wie es fällt.
Es kann also durchaus sein, dass das Haar eines geschorenen Hundes lockiger nachkommt. Werden aus Versehen Follikel beschädigt, kann das Haar auch ganz anders (bspw in anderer Farbe) nachkommen. Es kann auch sein, dass das Haar dichter wirkt, wenn es auf eine Länge geschnitten wurde. Mit dem, was von Natur aus gegeben ist, hat das aber nichts zu tun. Das Fell kann sich im Lauf eines Hundelebens ändern, durch Ernährung, durch Wetter, durch Alter, durch Krankheit, durch Verletzungen etc.pp.. Nur weil man ein Haar abschneidet, kommen aber nicht gleich 50 neue zur Beerdigung.
Bei Pudel speziell habe ich noch nie von Veränderungen gehört. Das ist natürlich DIE Rasse, die geschoren wird. Da gibt es so viele Schnitte und Frisuren, dass es vermutlich auch da darauf ankommt, wie dann tatsächlich geschnitten wird.
Liebe Grüße und ich hoffe, ich konnte weiterhelfen =).
Danke, sehr hilfreich bei meinem Bio-Projekt in der Schule
Immer wieder gerne und viel Glück für die Benotung der Arbeit!
Interessant wäre die Nennung der Dauer der Phasen Catagen und Telogen sowie Erwähnung der Tasthaare im Text.
Vielen Dank für die Anregung. Ich habe diese genutzt, um den Text einmal gründlich zu überarbeiten. Ich hoffe, dass nun alle Fragen beantwortet werden.
Liebe Grüße
Vitaler Hund