Vielleicht haben Sie dieses Verhalten bei Ihrem Hund auch schon einmal bemerkt: Er kommt an einem Spiegel oder einer reflektierenden Oberfläche vorbei und hält plötzlich inne. Huch, da ist ja ein anderer Hund! Aber hält er sein Spiegelbild denn wirklich für einen anderen Hund? Und wie kommt es, dass sich Welpen noch mit recht großer Häufigkeit im Spiegel betrachten, während es älteren Hunden total egal zu sein scheint?
Wie funktioniert der Spiegeltest?
Wie test man eigentlich, ob sich ein Tier im Spiegel erkennt oder nicht? Meist mit dem sogenannten Spiegeltest, auch als Markierungstest bezeichnet. Dem Tier wird ein Farbpunkt an eine Stelle gemalt, die es ohne den Spiegel nicht sehen kann (beispielsweise auf die Stirn). Reagiert das Tier in irgendeiner Form auf den Fleck, beispielsweise mit dem Versuch, diesen zu entfernen, gilt der Test als bestanden. Ignoriert es den Fleck, lautet die Schlussfolgerung, dass sich das Tier nicht selbst erkennt. Menschen erkennen sich übrigens erst etwa ab dem zweiten Lebensjahr im Spiegel, zuvor ignorieren sie ihr Ebenbild.
Dem Spiegeltest wird noch eine höhere Bedeutung beigemessen, die auf seinen Entwickler Gordon Gallup zurückgeht. Er führte den Test mit Schimpansen durch und veröffentliche die Ergebnisse 1970 in der wissenschaftlichen Zeitschrift Science. Unter Narkose tupfte er den Tieren den Farbfleck auf, dann beobachtete er ihre Reaktion. Seine erste Feststellung: Die Tiere erkennen sich im Spiegel. Denn sie versuchten, den Fleck zu entfernen. Seinen zweiten Rückschluss zog er nach mehreren Tagen, in denen der Spiegel im Gehege der Tiere stand. Er glaubte, ein vermehrtes Ich-Bewusstsein bei den Tieren zu bemerken. Seither gilt das Bestehen des Spiegeltests sowohl als Beweis für das Wahrnehmen des Spiegelbildes an sich, als auch als Beweis für das Vorhandensein eines tieferen Bewusstseins.
Hat der Hund kein Bild von sich selbst?
Manche gehen so weit, das Nichtbestehen mit dem Fehlen jeglichen Bewusstseins für sich selbst und den eigenen Körper gleichzusetzen. Der Begriff Bewusstsein ist hier von der jeweiligen Interpretation abhängig. Im weitesten Sinne wird er mit dem Vermögen zu höherem Denken, zum Vorhandensein von Gedanken neben den reinen Urinstinkten und schlussendlich dem Vorhandensein eines irgendwie gearteten Selbstbildes gleichgesetzt. Für den Hund würde das bedeuten, dass er kein Selbstverständnis und kein Bild von sich hätte. Er könnte nicht über sich selbst nachdenken und reflektieren. Er würde vielleicht nicht einmal über irgendetwas nachdenken, sondern wäre nur von seinen Urinstinkten Fressen, Überleben und Fortpflanzung getrieben. Denn Hunde reagieren beim Spiegeltest nicht auf irgendwelche Farbflecke.
Helmut Prior, Kognitionswissenschaftler an der Goethe-Universität in Frankfurt, sieht den Grund für das Nichtbestehen des Tests beim Hund nicht unbedingt darin, dass kein Selbstbild vorhanden sei. Er glaubt, dass Hunde durchaus über ein Selbstbild verfügen. Nur machen sie es primär an Geräuschen und Geruch fest. Demnach wäre das Spiegelbild für den Hund etwas, das er aufgrund fehlender Reize nicht als ein Abbild von sich selbst ausmachen kann. So wie ein Mensch einen anderen nur selten ausschließlich am Geruch als Mensch identifizieren kann, kann also der Hund Artgenossen oder auch sich selbst nur selten ausschließlich an einem optischen Abbild erkennen. Der Spiegeltest sei also möglicher Weise einfach ungeeignet für Hunde, so Prior, und lasse keine Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Selbstbildes oder höheren Bewusstseins zu, weil er einfach nicht in die Erlebniswelt des Vierbeiners passt.
Übrigens: Tests haben gezeigt, dass manche Hunde imstande sind, Futter mithilfe eines Spiegelbildes genau zu lokalisieren. Das zählt allerdings nicht als Bestehen des Spiegeltests, sondern lediglich als Verstehen der Funktionsweise eines Spiegels.
Hallo,
meine alte Hündin, durchaus kein Dummkopf, reagierte überhaupt nicht auf Spiegelbilder. Mein neuer Hund (2 Jahre alt) zeigt sich dagegen sehr interessiert. Er hat sich schon mal selbst zum Spiel aufgefordert, u. dann nachdenklich inne gehalten. Er verfolgt auch mich u. meine Bewegungen darin, betrachtet sich sehr genau, bewegt seine Rute langsam auf u. ab u. beobachtet sich dabei im Spiegel, er fordert den Spiegelhund auch zu nichts mehr auf. Manchmal sitzt er nur ruhig davor u. scheint darüber nachzudenken.
Hallo Daria,
sehr interessant zu lesen, dass es auch Hunde gibt, die sich so intensiv im Spiegel betrachten :).